Gladiator, der keiner mehr sein w(s)ollte?


Ich möchte eine Story erzählen, die mich seit Tagen um treibt. Jan Ullrich, ein begnadeter Radrennfahrer, richtet sich öffentlich, selber hin. Natürlich sind mal wieder die Erwartungen schuld, geschürt nicht zuletzt durch die Bildzeitung. Dabei weiß ein jeder, ist der Bild eine Story Gold wert, weil sie die Massen bewegt, dann führt sie den Hauptdarsteller zur Schlachtbank und richtet ihn selber noch hin. Genau wie Proximo in dem Ausschnitt oben, funktioniert die Bild bzw. ihr Storytelling. Das Bild, aus dramaturgischen Gründen, uns nur die halbe Wahrheit erzählt, wissen wir auch und wir haben uns damit abgefunden. Deshalb schaut das nächste Video, bevor es weiter geht im Text.


Was habe ich da gesehen bzw. was habt ihr gesehen? Zwei Radrennfahrer, die angetrieben durch einen unbändigen Willen, extrem emotional aufgeladenen Duelle auf zwei Rädern, sich lieferten, oder?

Als ehemaliger Hobby Fußballspieler und Hobbysegler, heute Couchsportler, waren diese Duelle mit das beste, was es je im Radrennsport zu sehen gab. So kritiklos war auch die allgemeine Berichterstattung, erinnere ich mich. Getrieben durch die Sensationsgier, die zutiefst menschlich ist.


Das alles geschah beim Zuschauer und natürlich bei der Berichterstattung, mit dem vollen Wissen um die Dopingpraxis, ohne die solche oder auch andere Sportleistung gar nicht möglich sind bzw. es wird schon immer auf Leistungs fördernde Mittel zurück gegriffen und gegebenenfalls eine Dopingliste angepasst, das da eben nur das kranke Zeug drauf ist und nicht das Asthmamittel, was die Bronchien etwas weitet, um besser Sauerstoff aufzunehmen. Was dazu, frei verkäuflich, in jeder Apotheke rum liegt.


Ich werde das nicht ändern können und will ich das überhaupt? Da ich mir eingestehe, das ich der Sensation etwas abgewinne und mich an ihr sogar erfreue, will ich das gar nicht. Die Formel 1 z.b. ist mir zu leise und viel zu sicher, da bau ich mir lieber eine Carrerabahn auf und kurve so durch mein Wohnzimmer. Nun möchte ich beim Fahrradrennsport keine Toten sehen, ich glaube da sind wir uns weites gehend einig. Das möchte niemand.


Das aber die Möglichkeit das jemand stirbt, weil er es übertreibt, gänzlich aus dem Sport verbannt wird, halte ich für ein Ding der Unmöglichkeit. Das halte ich, wie überall im Leben, jeder muss selber wissen, wie weit er oder sie gehen kann. Deshalb bitte diesen scheinheiligen Wettbewerb, sich am Leben eines Ullrich, der da nur stellvertretend ist für ganz viele gestrauchelte Menschen, in der jetzigen Phase, einzustellen. In dem Fall steht uns ein Urteil nicht zu.


Was wir aber beurteilen sollten und richtig einordnen, was brauchen wir tatsächlich als Menschheit an Sensation? Deshalb die Diskussion um Doping entkrampfen und einen transparenten, von Ärzten unterstützten Leistungssport, zulassen. Das würde etliche Leben retten, mehr als durch die aktuellen Maßnahmen und mit Sicherheit mehr als die Bildzeitung, je gerettet hat. Meine 5 Cent mal wieder!



Gruß Stephan

Kommentare