Bruce Springsteen – Western Stars (2019)

Springsteen zerstört den amerikanischen Traum, den wir Europäer von Amerika träumen.

Springsteen ist Ami, er ist Kapitalist und als sein größtes Kapital bei uns gilt seine Musik. Glaubwürdigkeit was seine Texte betrifft, ist nahezu deckungsgleich mit dem realen Bild was wir uns von ihm machen.

Fake News gab es noch nicht, ja selbst Trump war noch halbwegs flüssig (nuckelte noch an den Millionen von Papa), Kennedy war gerade erschossen worden da trat Bruce Springsteen nach vorn auf die Bühne und zeichnete uns ein wirklich schönes Bild mit ausreichend Facetten von Amerika, besser den USA und seiner Arbeiterklasse. 
 
Erste Ergüsse in Form von „Greetings From Asbury Park, N.J.“ und „The Wild, The Innocent & The E Street Shuffle“ (beide 1973) zeugen davon. „Born To Run“ (1975) war der Start einer Weltkarriere. Mit „Born In The USA“ (1984) ging die Erfindung des Stadionrocks quasi einher.



1988 spielte Springsteen auf der Radrennbahn Weißensee im Ost Teil von Berlin vor über 160000 Zuschauer. Bis heute sein größtes Konzert von den Zuschauern her. Ein nicht ganz unwichtiger Beitrag zur Wiedervereinigung Deutschlands und damit der Begründung/Verfestigung der europäischen Idee. Das also ist Springsteen, nicht nur in unseren Ohren auch unter der Großhirnrinde hat sich das Bild verfestigt.

Für mich persönlich hat er sich damit nach USA verabschiedet und tauchte erst 2014 mit „High Hopes“ wieder auf. Einige neue Stücke kombiniert mit älteren Sachen (The Ghost Of Tom Joad) die gänzlich neu arrangiert wurden, zeigten einen erfrischten Springsteen, wie er lange nicht mehr mit der Energie zu hören war.

Das 2017 angefangene Projekt „Springsteen On Broadway“ fand dann fast keine Beachtung hier in Europa. Leider, weil sehr unterhaltsam. Hab so meine Vermutung, das der Broadway die Unterhaltungsmeile der USA ist und deshalb kaum bis gar nicht bei uns statt findet. Aha!

Nun also Western Stars, ein amerikanisches Album, keines was mit uns zu tun hat. Keines, was unsere unter der Großhirnrinde verfestigten Befindlichkeiten, zu tun hat. Springsteen ist halt Ami! Und in dem Kontext muss man das Album auch hören, sonst versteht man es falsch und produziert Fake News. Der Titeltrack ist die europäische Singleauskopplung, weil durch seine Instrumentalisierung wohl noch am eingängigsten.


Allein die Textzeilen

Once I was shot by John Wayne
Yeah, it was towards the end
That one scene's brought me a thousand drinks
Set me up and I'll tell it for you, friend „

lassen klar durchblicken wer angesprochen wird und warum. 

Man erinnert sich bitte an John Wayne, ein Schauspieler der hauptsächlich schneller den Colt zog und erst fragte wenn sein Gegenüber tot am Boden lag. Über seine reaktionären politischen Ansichten und weniger Einsichten lass ich mich jetzt besser nicht aus. Ach der amerikanische Präsident heißt Trump und gewisse Ähnlichkeiten sind rein zufällig zu John Wayne? Ein naiver Ami war Springsteen noch nie. 

Das er das ganze Album mit typischer amerikanischer“Blinkblink“Musik voll macht (zwischen zeitlich dachte ich Liberace wäre auferstanden bei Hello Sunshine z.b.), zeigt seine feine Ironie und wie Zwiegespalten er inzwischen ist. Man beweise mir was anderes, aber Springsteen ist durch und durch noch nie ohne Herzblut unterwegs in/mit seiner Musik. Deshalb so schön auch eine etwaige Kritik hier in DE geschrieben, wenn sie nicht mindestens 4 von 5 Punkte locker macht, dann sollte man sich schnellstens um die Mauern im Kopf kümmern.

Gruß Stephan

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