Franklins Rückkehr - Die drei ??? Folge 99 - Rufmord (2001)

Herrrrlich, dass Sie wieder eingeschaltet haben. Von wo auch immer Sie diesen Text verfolgen, vor dem schnöden Monitor, Ihrer versifften Couch oder dem Big Brother Container. Denn Chefkoch Andre serviert zur Doppel-9 und somit eine Folge vor der CIA-Dröhnung die latent krude Mär vom bräsigen Zeitansager, der per derben Sprüchen zum umjubelten Godfather of Late Night Trashtalk wird. Diese besitzt als quasi Vorgänger zu Minningers Opus Magnum "Tödliche Regie" durchaus knallige Entertainmentfaktoren galore, scheitert aber als küchentiefenpsychologischer Teil 2 der Franklin-Festspiele an fehlender Atmosphärenkälte sowie zentraler Logik und hat so gar nichts mit dem düster-regenumwitterten Psychodrama der Ursprungsfolge "Stimmen aus dem Nichts" zu tun. Und waren es im Die Dr3i-Exil noch Terrorschweinchen Oinki Hinki Porky in der tschechoslowakischen Hörspielvorhölle wartet Folge 99 nun mit der "Prime Time", Amerikas erfolgsreichster Radioshow auf. Derart erfolgreich, dass es permanent überall erwähnt und wiederholt werden muss, damit die Einschlafquoten bloß nicht in den Keller ziehen. Oberster Ritter der Schwafelrunde ist Starmoderator "DJ Matrix" Kevin Anderson, der eines schönen Abends drei overactende Nervenbündel im gleißenden Kabinenlicht begrüßt und in Anfangs ziemlich sperriger Grammatik diese als die drei Fragezeichen vorstellt, um deren Werbetonne anzuzünden oder so ähnlich. Selbstverständlich garniert mit ständigen Lobliedern auf seine anscheinend weltweit einzige Live-Radiosendung. Die drei Fragezeichen im spätabendlichen Tonstudio statt in der heimischen Koje.. Diese betont realistische Momentskizzierung andersartiger Umgebungsstrukturen ist einmal mehr durchaus gelungen. Keine malaiendolchschwingende Psychopathen oder bedrohte Rancher, die auf dem klimpernden Schrottareal nach dem Riff der seltsamen Silbermine fahnden.

Hier wird dem zunächst neugierigen Hörer eine neue Facette der smarten Jungs geboten, die jene nach gehöriger Anfangsnervosität auch charmant meistern. Kurz nach Tante Mathildas eher sehr peinlichen Moralanrufs, der von Mr. Anderson prompt unter tosenden Gejohle der Fragezeichen abgeschmettert wird, erklingt schon der erste Anruf von Latenight-Troll Mistery, der ein abgenudeltes Shakespeare-Zitat runterlallt, welches den Moderationstitan jedoch derart aus der (schiefen) Bahn wirft, dass er erstmal einen hartgroovigen "Diskoknaller aus den 70ern, der auch heute noch in die Glieder fährt" benötigt, um wieder auf Touren zu kommen. Dieser Resterampenknaller haut zwar derbe auf die Zwölf, ist aber kürzer als die Aufnahmespanne der heutigen TikTok-Generation. Kaum werden die noch mitbouncenden Freunde gebeten, doch endlich ihre Kopfhörer abzusetzen, müssen diese postwendend wieder drauf und noch schneller wird der Erzähler zum fiesen Spielverderber und bläst die durchaus coole Szenerie mit nüchternem Monolog ab. Das war es dann leider auch schon mit der interessanten Studioatmosphäre für den gesamten Rest des Hörspiels. Was hätte man da noch alles draus machen können, schnief...Ach hallo "Tödliche Regie"! Am nächsten Abend lauschen die drei ??? wieder Amerikas erfolgsreichster Laberbacke und seinem brandheißen Themenquark, und auch diesmal kommt es zu einem akustischen Attentat vom mysteriösen "Mystery", oder besser Karlsberg Mixery. "Die Wahrheit liegt im Rausch allein" palavert da eine allzu vertraut-verrauchte Stimme..na dann, Prost! Diesmal war der Anrufer eindeutig weiblich, habe es sich doch den Tag zuvor "offensichtlich um einen Mann" gehandelt, schlussfolgert Sherlock Jonas in seinem Gedächtnispalast gekonnt souverän und sorgt schon fast für die einzige Ermittlungsarbeit im gesamten Fall.

Denn die anderen zentralen Momente der Folge übernehmen der liebesdolle Bob mit seiner frivolen Dr. Franklin, eine Wanze in einer Blechdose, sowie Mr. Kevin Anderson und sein Buddy Dr. Gordon Freeman von der Best-Hope-Klapsmühle. Peter hingegen ist mal wieder doofer als drei Farbeimer und kennt die Bedeutung des namensgebenden Falls nicht. Die ganze Rufmord-Storyline ist hier mehrspurig aufbereitet worden: Kevin Andersons verjunkter Bruder ist ein Genius in Wort und Schrift, doch sitzt dieser in der psychatrischen Anstalt von Pasadena fest und wird hier mit allerlei Substanzen, die psychisch und pysisch abhängig machen "lach, prust" (Zitat Justus Jonas, jaja wer kennt nicht die Outtakes zu diesem Hörspiel :-)) zu zotigen Spruchsalven verleitet, die der durchtriebende Professor Steed (Moment, falsche Baustelle)..Dr. Freeman direkt an DJ Kevin in da House weiterleitet, der seine mangelnde Kreativität und Schlagfertigkeit damit kaschiert, um die ehemals ziemlich erfolglose "Prime Time" zu einem internationalen Superevent zu machen. Dr. Clarissa Franklin, das eiskalt-verruchte Biest aus den "Stimmen.." sitzt ihre gerechte Strafe ebenfalls in der tristen Nervenklinik ab, bekommt dort das falsche Spiel des Kevins mit und setzt ihre hypnotischen Superkräfte abermals ein, um Andersons Bruder auf ihre Seite zu ziehen und ordendlich Bambule zu machen. Mit der leidlich subtilen Rufmordsrepressungsnummer erhofft sie sich deutliche Hafterleichterungen und ne tägliche Pulle Rotwein.

Doch hat sie diese Milchmädchenrechnung ohne den Wirt Bob Andrews gemacht. Noch schwer traumatisiert von den Ereignissen der denkwürdigen Hypnosesitzung mit der erzschurkischen Therapeutin, in der er ihr seine intimsten Begierden offenbarte, erkennt er sie als Mystery an der Stimme im Radio wieder und verlässt wortlos die Zentrale, was die anderen beiden Detektive komischerweise nur mit einem lapidaren Schulterzucken quittieren. Ganz im Geiste Peter Shaws im verschwundenen Filmstar folgt nun eine bühnenreife Bob-Ego-Show, die Chefschnüffler Justus später abermals die Zornesröte ins Gesicht treibt. Seine treuen Lakaien hat der erste Detektiv offensichtlich doch nicht immer im eisenharten Griff, entziehen sie sich doch von Zeit zu Zeit seinem strengen Regiment. Bob schleicht sich also heimlich zu Mitverschwörer Inspectah Cotta, der ihm auch treudoof den Aufenthaltsort der flüsternden Mumie a.k.a Dr Franklin verrät. Das Best Hope. Diese sagenumwobene Anstalt wird vom Erzähler in bedeutungsschwangeren Worthülsen als Hort der Düsternis beworben, atmosphärisch mit dichter Soundkulisse ummantelt und könnte als wunderbarer Drehort einer 60er Jahre Edgar Wallace Verfilmung dienen, ganz stilecht mit Klaus Kinski als irren Patienten. Könnte..wäre da im Inneren nicht so ein sunny laid-back Feeling, das jede aufkommende Beklommenheit im Keim erdrosselt, da die dortige Atmosphäre freundlich und steril, aber ganz und gar nicht schaurig ist.

Das karteikartengeile Pflegepersonal ist jung, braucht das Geld und wirkt vom stimmlichen Einsatz eher wie in einem makeupgetränkten Nagelstudio, da bringt auch der große Eckart Dux nix, der in einer verschwendeten Gastrolle als verschrobener Besucher seine Tochter Patricia Messi voll Ungeduld zu sprechen fordert. Bob hingegen trifft in blühender Gartenlandschaft auf das radieschenzupfende Objekt seiner Begierde. Beide nehmen sich kein Zimmer, sondern einen Pavillon und es folgt ein wirklich hörenswerter Dialog zweier verletzter Seelen, der durch nahes Glockengeläut, sanft perlende Wasserspiele und eine sehr natürliche Stimmungsdichte ein fast schon audiovisuelles Erlebnis garantiert. Etwas deplatziert wirken da schon eher die debilen Schreie der "Irren" im Hintergrund. Im erwähnten Wallacekrimi eine trashüberzogene Oase, passt dieses gutturale Gekrächze als Zeichen drohenden Irrsinns nicht wirklich mit der konstant relaxten Stationsatmo zusammen. Anstatt den Empfangsdamen beim Schäkern mit den Wäschekorbboys zu lauschen, hätte durchaus mal jemand panisch über den Gang flitzen können. Nunja, immerhin ist auch Kevin Anderson am Start und überzieht die diensthabende Schwester mit einer Flut komplett emotionslos runtergebrabbelter Schimpftirädchen, da sie diesmal kein Foto bzw Umschlag mit Sprüchlein seines Bruders für ihn hat und der zuständige Dr. Freeman lieber in der Weltgeschichte herumeiert. "Mieeesstück, So eine Schabracke, So eine blöde Kuh "...ohoh FSK18, ick hör dir trapsen. Da war das "Knall sie ab, Jack" gar nichts dagegen! In der Zwischenzeit gibt es auch noch einen gewissen Justus Jonas, sowie einen gewissen Peter Shaw, die einmal nicht am miefenden Schrottplatz herumlungern. Sie laufen nämlich bei einer gewissen Mrs. Brighton ein, Ex-Untergebene von Maestro Anderson und dafür zuständig interessante Anrufer für die dolle "Prime Time" im Vorfeld herauszufiltern. Warum hat sie dann Tante Mathilda durchgelassen? Egal, besagte Dame hatte es gewagt die Melody bzw Mystery Klingelstreiche nicht an den ihr komplett unbekannten Stimmen sofort zu identifizieren, bekommt statt einer vorgeschlagenen Fangschaltung die fristlose Kündigung und obendrauf eine Rufmordkampagne von Kevin Anderson höchstselbst an die Backe geschmiert. Dieser stibitzt dafür einfach die fette Rolex vom Oberchef und schiebt diese mit allerlei haltlosen Kleptomanie-Vorwürfen befeuert der ahnungslosen Brighton unter. Dies alles beschreibt sie den zwei Beiden Fragezeichen in voller Detailfülle. Was nun für den Hörer folgt, ist ein nur schwer zu konsumierender Anfall aus Hysterie, Aggression und kompletten akustischen Slapstick, sowie einer toternsten Morddrohung an den schelmischen Moderator. Mit dieser fragwürdigen Performance hätte die unbeugsame Telefonistin beim Parktheater am Wattenmeer sicherlich Abend für Abend jubelpersende Ovationen, doch hier wirkt es schlicht nervtötend.

Haben unsere Detektive diese Tortur schlussendlich mit leichtem Hörsturz überstanden, war es dann auch schon fast mit der ganzen Story. Bob kehrt als geprügelter Hund und mit Gewissensbissen (Dr. Franklin stritt unfassbarerweise sämtliche Vorwürfe ab und schaltete dann in den Dramaqueen-Modus) in die Zentralenkathedrale zurück, wo sich Richter Jonas noch als gnädig erweist und stattdessen eine Wanze (die vom die Dr3i Fall "Seeungeheuer"?) in einer verranzten Blechbüchse präsentiert, mit der nun eine Watergate-Gedenk-Abhöraktion gestartet werden soll. Dafür werden die Hilfs-Cyborgs Kelly, Lys und Elisabeth mal eben kurz reaktiviert und in wenigen Erzählsätzen auf DJ Kevin Love angesetzt um mit Blumenstrauß und Co den Lauschangriff in die Tat umzusetzen. Die betörend brillante Tonqualität der Aufnahme wird dann auch vom Erzähler ausdrücklich gelobt und es folgt ein sehr langer Abschnitt mit passiven Fragezeichen, dafür mit viel Whiskey, Wein und Weib. In des Doktors Refugium weiht der diabolische Dr. Freeman seinen angesoffenen Moderationskumpel in die Geheimnisse der schröcklichen Zelle 13 ein, in welche die rebellierende Clarissa gesteckt werden und dann den Trank des Vergessens erhalten soll. Eigentlich ist das aber nur eine Zelle unter vielen, da hilft auch die gut gemeinte "Endstation Zelle 13" Dramatik nicht mehr viel.

Dann geht alles ganz schnell, die drei ??? tarnen sich ganz unauffällig mit Schirmmützen, getönten Brillen und womöglich noch aufgeklebten Bärten und schleußen sich als Wäschetonnenabholgang kurz vor Feierabend ins Best Hope, um Dr. Franklin zu erretten. Was das ganze heimliche Getue genau soll, wenn man auch mit einem bis auf die Zähne bewaffneten Polizeitrupp dort einreiten könnte bleibt schleierhaft. Sicherlich ist hier eine reife Dame in Nöten, doch ebendiese befahl den Tod von Justus und Peter, da bringt auch Bobs verschmitztes "ich liebe sie" während der Abhörorgie keine mildernden Umstände. Schleichen die drei Detektive dann endlich im Dunklen durch die diffusen Anstaltsgänge, kommt ein Restmaß an Spannung auf, das durch den viel zu abrupten Schlussakkord pulverisiert wird. Aufeinmal taucht die Polizei dann doch wie auf Knopfdruck auf, um die Unhole in richtige Zellen zu verwahren, die zuvor Clarissa Franklin unter Drogen gesetzt haben, oder auch nicht, denn die ist quietschfidel und hätte fast noch in den dementen Schlussgröhler der Fragezeichen mit eingestimmt, die sich dafür feiern, jemanden durch Dritte eine Wanze anzuhängen, um den Rest bequem vom durchgessenen Sofa aus zu verfolgen.

Und was war jetzt nochmal die Sinnhaftigkeit des Plans von Kevin Anderson? Kein Mensch kann hellseherisch wissen, welche Sprüche wann live angebracht sind und wann nicht...also hatte der Moderator ja doch Talent..oder konnte sein Bruder etwas von Mathildas Anruf wissen..von spontanen Reaktionen? Hätte er die Hilfe des kreativen Steven Anderson etwa gar nicht gebraucht? Fragen über Fragen..Ich frage mich eher, ob man nach der schwermütigen Vorlage, nicht doch ein etwas anderes Thema für die Rückkehr der Clarissa Franklin hätte wählen können. Aber andererseits macht die Irrenhaus-Thematik im übergreifenden Kontext Sinn und das neue Element der Radioshow ist erfrischend, wird jedoch nicht konsequent ausgenutzt. Aber dafür haben wir ja "Tödliche Regie". Was bleibt ist ein auch diesmal sehr erwachsen anmutender Fall, der einmal mehr Bobs Verletzlichkeit an den Tag legt und mit Clarissa Franklin einen der ganz großen Antagonisten im Fragezeichen-Universum als Aushöngeschild präsentiert. Ohne sie wäre der "Fall" wohl noch eine Stufe lahmer und Justus hätte nicht mal die legendäre Wanze aus dem Papierkorb gefischt.

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