Aphrodite’s Child
– 666
Es muss mit 16
Jahren gewesen sein, als ich zum ersten Mal in meiner damaligen
Stammdisco „The Four Horsemen“ hörte und voll drauf ab ging.
Etwa 2 Wochen brauchte ich für die Suche in den umliegenden
Plattenläden, es gab noch kein Amazon oder ähnliche Dienste, bis
ich den Schatz in Händen hielt. Was für ein Brett von Album. 2 LP´s
purzelten mir entgegen, eine Gesamtspielzeit von 77:58 min. Auch
das Artwork war etwas besonderes, Ferrarirot und darauf die Zahl 666.
Diese nüchterne
Beschreibung des Albums ist aber nicht mal die halbe Wahrheit. Das Werk hat meine Herangehensweise an Alben grundlegend verändert und
spielt bei der Auswahl wie ich mir heute noch Musik zulege eine
Schlüsselrolle.
Erstmal „The Four
Horsemen“ gesucht und die Nadel des Dual Plattenspielers vorsichtig
dort auf gesetzt. Wer solch einen Eiertanz jemals selbst veranstaltet
hat oder immer noch tut, tut es bei dem Album nicht mehr. Nein
besser, tut es nie wieder. Alben sollten immer von vorne gehört
werden, erst recht in Konzeptform wie 666. Einzelne Stücke führen
dich auf die falsche Fährte oder gaukeln dir etwas vor. Also die Nadel
auf die äußerste Rille und die Lautstärke konnte so bleiben wie
sie ist. Was dann folgte, war erst mal ein großes Rätsel für mich.
Du brauchst dringend
Infos, du musst dir übersetzen was da gesungen, gestöhnt u. gejault
wird. Ich war für einen Moment verärgert, weil ich nur Bahnhof
verstand. Die vier Apokalyptischen Reiter konnte ich mir noch
ungefähr erklären, sollte das Album ein Machwerk des Teufels sein,
wegen der erwartungsschwangeren 666 die das Cover zierte? Das war
damals auch bekannt, das 666 für den Teufel steht. Das war mir aber
zu wenig alles, weil auch die Musik bis auf drei, vier Stücke
überhaupt nicht meinen Erwartungen entsprach. Also machte ich mich
Abends wieder auf in meine Stammdisco und löcherte den
Plattenaufleger. Der sagte mir, verantwortlich für dieses Machwerk
des Teufels ist Vangelis und Demis Roussos. Demis war 1982 bekannt
durch seine Auftritte in der ZDF Hitparade (er war der Folkloregrieche),
Vangelis durch seine Filmmusiken (Chariots of Fire, Blade
Runner).
Das Stichwort lautet
Apokalypse und Teile der Offenbarung des Johannes (666) die Vangelis
hauptverantwortlich damals vertonte. Mit christlichen Mach(t)werken kann
ich erst Recht nichts anfangen und dieses merkliche Unbehagen setzte sich fort, mit jedem Ton der in meine Ohren vordrang. Ich weiß
nicht wie das bei euch ist, aber Unbehagen, sich mit bestimmten Klängen nicht wohlfühlen löst bei mir eine umgekehrte Reaktion aus. Denn um so
tiefer steige ich ein. Wochenlang verließ das Album nicht mehr
meinen Plattenspieler.
Gruß Stephan
Die beiden Stücke
„The Four Horsemen“ und „Break“ sind die bekanntesten Stücke
von der Scheibe. In mancher Discothek die alternativen Sound in den
70iger bzw. frühen 80iger spielte liefen sie hoch und runter. Das
Stück „Infinity“ (Unendlichkeit) wollte die Plattenfirma erst
gar nicht veröffentlichen und durch den sich anschließenden Skandal erreichte es seine
Aufmerksamkeit.
„In diesem Lied
wiederholt die Schauspielerin Irene Papas die Worte „I was, I am, I
am to come“ immer wieder in mehr oder weniger hysterischer Weise,
während Vangelis sie perkussiv begleitet – unschwer als die
musikalische Präsentation eines Geschlechtsaktes zu begreifen.“
Zitat Wikipedia
Ein Je T'aime von Serge Gainsbourg / Jane Birkin hatte wesentlich
mehr Kopfkinoqualitäten bezogen auf die Erotik. Und der Wirbel um das Geschmachte,
schlägt sogar bis heute noch kleine Wellen in der Retrospektive. Stelle ich beide Songs in einen Vergleich, hatte durch das sprechen und nicht singen des Textes Infinity, mehr nachhaltige Wirkung für die Populärmusik.
Die anderen Stücke
sind mir vom Text und die Verbindung zur Musik immer noch in vielen
Teilen ein Rätsel. Kann also bis heute nicht genau beschreiben, was
sie ausmacht. Einen Kirchentheoretiker hab ich noch nie bemüht bei
Musik. Sollte ich das mal tun? Die Offenbarung des Johannes ist ebenfalls ein prophetisches
Werk, insoweit kann man dem genial funktionierenden Percussion und
Synthesizer Spiel von Vangelis auch was prophetisches auf sein
späteres Werk andichten. Vangelis wurde von Jon Anderson angeboten
Mitglied von Yes zu werden. 1974 ein Ritterschlag! Demis Roussos
verwendete später bei seinen Live Auftritten Stücke von Aphrodite’s
Child und 666. Um sich vom Folkloregriechen abzusetzen? Who knows?
Entscheidend ist bei
666, das es auch heute noch dir bei bringen kann wie man Alben angeht
bzw. welche Kraft im Unverstandenen liegt. Es gibt im Film die
Metapher der unfreiwilligen Komik, hier würde ich die Metapher
verwenden, geliebtes unverstandenes Musikwerk und mit dem Teufel auf
Augenhöhe. What A Great Gig In The Sky!
Gruß Stephan
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