Vision aus Glas und Stahl - Mirror's Edge Catalyst (2016)






Glass.

Die sich spiegelnde Residenzstadt in den Spiralen des Neofuturismus miemt den Schauplatz atemlosen Geschehens. Inmitten der artifiziell-imposanten Inselkette aus majetätischen Hochhausstrukturen, Brückengeflechten und klinischreinen Korridoren sprintet, turnt und hangelt sich Free-Runnerin Faith durch den flirrenden Moloch. Ständig am Puls der Zeit über den Dächern der Millionenstadt, der Straße der Diebe und Athleten.

"Catalyst", Nachfolger, sowie eine Art Reboot des 2008er Kultspiels "Mirror's Edge" katapultiert die Spieler erneut in luftige Höhen einer steril-hypnotischen Zukunftsvision, in welcher parkourerprobte Freiheitskämpfer, "Runners" genannt, der omnipräsenten Systemkontrolle eines totalitären Überwachungsstaats entgegenrennen und an jeder Ecke Wiederstand leisten. Im Kampf gegen den verlängerten Arm der Machthaber, das private Sicherheitsunternehmen KrugerSec, wird anders als im waffenstarrenden Vorgänger komplett auf rein physische Argumente und den generellen "Flow" der Bewegung gesetzt. Auch ist die vormals lineare Struktur einer offenen Welt gewichen, in der vielfache Sammelobjekte sowie Kuriermissionen drapiert wurden. Der erwähnte Flow umfasst tänzelnde Hochgeschwindigkeitsketten fließender Kombination aus Wallruns, Sprüngen, Abrollen und temporeichen Sprints. All dies geschieht vor einer ästhetisch betörenden Glanzkulisse, die das eigentliche Highlight der Spielerfahrung darstellt.

Reflexionen seidenweichen Sonnenlichts umspielen knochenweiße Bürokomplexe im Downtownbezirk, unterkühlt prägnante Farbenspiele auf porentiefreinen Boden- und Wandtexturen des Vergnügungsviertels harmonieren mit dezent tönenden Elektroniksphären der Hintergrundkulisse: Ständig definiert Catalyst klare Schönheit ausgeschmückter Leere.
Ein Kritikpunkt könnte nun die relative Leblosigkeit der hochsterilen Präsentation sein, doch verbindet sich hier die Ästhetik in bestechender Form mit dem Visuellen.

Ein, aus großer Höhe beobachteter immerwährender Strom aus Fahrzeugen, die in exremen Tempo über die schmalen Straßenzüge gleiten, getrieben und ziellos wie Versatzstücke eines Spiegelbild des Zustands der Metropole in der gesichtslose Menschen, mannequingleich und konturlos in der unerreichbaren Ferne eines gegenüberliegenden Hausdaches eine Party feiern. Seltsam blasse Scheinwerfer. Leblose Atmosphären. Wie auch in den meist komplett verlassenen Designerlofts durch die man hastet, kühl gezimmert, elegant geformt, doch bar jeder Regung.

Für diese sorgt allein der staunende Spieler mit unvergleichlichem Temposprints durch den künstlichen Bilderrausch, verzückt und verzerrt das urbane Kunstwerk und haucht somit der ästhetischen Vision als energetischer Gegenpol Leben ein.

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