Tool – Fear Inoculum (2019)

Keine Kompromisse, grenzenlose Härte und die Entdeckung des Keyboards als Maininstrument des Progmetal.


Drei Songs von sieben oder gar neun, ist eigentlich egal. Wohl kaum eine Band war in den letzten 13 Jahren mehr erwartet worden als Tool. Wegen der 13 Jahre steigerten sich die Erwartungen ins Unermessliche und wer nicht genau aufpasste münzte sich das als böses Omen um. Das können sie niemals erfüllen!

Scheiße und wie sie es können, für mich persönlich legt Tool tatsächlich ein Reverenz - Album vor und alle die diesen Sound lieben, können die restlichen Reverenzen der Band endlich beiseite räumen.

Das Maynard James Keenan, Adam Jones, Danny Carey und Justin Chancellor Progmetal allererster Güte spielen, ist seit 1995 mehr als ein Gerücht. Wenn man alle Progmetal Musiker auf einen Haufen legen würde, steht auf dem Haufen ganz oben Tool und der Haufen würde unter ihnen auf einen hundertstel Millimeter zusammen gequetscht. Genug der Superlative, fangen wir an.

Mit insbesondere „Lateralus“ hat Adam Jones einen Gitarrensound kreiert, der so noch nie zu hören war. Nun ist die Leadgitarre wahrlich kein Alleinstellungsmerkmal einer Rocktruppe, sie ist halt der wichtigste Bestandteil, so der allgemeine Tenor. Mit jedem Album ist es Tool bisher gelungen die Grenzen neu zu definieren, hier nun werden selbst alte Regeln der Kunst über Board geworfen. Natürlich kommt man immer wieder auf die zentrale Leadgitarre zurück, wieso sollte man so ein geniales Trademark auch aufgeben?

Wie sich Tool ohne Leadgitarre anhört ist mit „Chocolate Chip Trip“ zu hören? Vergesst es, Adam Jones hat sämtliche Register gezogen und sein Pedalsamelsurium unterstützt durch ein Keyboard (Auszug Wiki: Auch die elektronischen Elemente werden nie Playback, sondern stets von der Band selbst erzeugt, zum Beispiel mittels pedalsteuerbarer Synthesizer oder elektronischer Schlagzeugelemente (Triggerpads).) so klingen lassen, als wenn gar keine Gitarre Verwendung findet. Hört sich wie ein Kraftwerktribut an. 2017 spielte Drummer Danny Carey das Thema erstmalig.



Halte das Stück für technisch extrem schwierig. Dadurch lässt sich dem Stück eine Art Genialität nicht aberkennen, wenn man nämlich genau hin hört, hört man immer noch Tool als Gesamtkunstwerk. Brutal, überall wabert Energie durch den unendlich scheinenden Raum. Das ist eine neue Dimension! Ich schwanke allerdings schwer zwischen hört sich der Scheiß geil an oder Grütze kann weg. Mal so und so, je nach Stimmung. Über allem steht aber, das musste dich erst mal trauen, so was auf Longplayer zu bringen oder gar live!



Irgendwer schrieb vor Wochen, er höre Versatzstücke des Toolsounds aneinander gereiht bei der Vorabauskopplung „Fear Inoculum“. Und tatsächlich könnte man meinen, das wäre so. Bis man den Griffwechsel als Hintergrundrhythmus hörte. Tool hatte also sein Trademarksoundgerüst weiter ausdifferenziert und um ein kleines Detail ergänzt. Das nenne ich seinen Sound Genialität einhauchen. Nicht mehr und nicht weniger.

1:17 der Bass bei „Pneuma“ setzt ein, im Rhythmus hebe ich ab vom Sessel in dem ich sitze. Das Schlagzeug kommt mit Druck dazu, trotz der Härte oder gerade weil so Druckvoll vorgetragen, schwerelos.Wie ein Buddha im Schneidersitz berühre ich den Sessel nicht mehr. Stimme und Gitarre lassen mich gelenkt fliegen. Das Gefühl auf eine einmalige, schwerelose Reise meist fliegend mit genommen zu werden, tut verdammt gut. Dankbar, glücklich, ich verneige mich! Zu Früh, nein bei jedem der folgenden Stücke stellt sich das ein.


Die Struktur der Richtung des Albums ist nun klar. Bass und Schlagzeug sind unglaublich präsent, dadurch wird die Differenzierung auf die Spitze getrieben und hört sich Perfekt an wie nie zuvor.

Invincible“ und „Descending“, beide bisher nur in recht undeutlichen Livemitschnitten auf Youtube zu hören, ergänzen das vorher gesagte.
 

Eventuell war das ganz bewusst so gelenkt, das die Livemitschitte so undeutlich waren/sind? Halte das um die Überraschung möglichst groß ausfallen zu lassen, für recht wahrscheinlich. Das folgende Culling Voices“ ist mein aktueller Lieblingssong, aber nicht das Highlight. Das ist dann das jäh unterbrechende „Chocolate Chip Trip“. Ein Schwinger noch und ich bin bewusstlos vor Glück.

7empest“ ist vorläufige Vollendung, nochmal 15:44 min. Nachbarn erschrecken, der Putz rieselt von den Wänden, das Haus hebt ab. Nicht mehr in der Lage mein Glück zu beschreiben, mit dem Album bin ich Göttern begegnet und ich möchte es niemals missen. Anspieltipps? Alles und Playtaste durch Repeattaste ersetzen! Wertung? Ausserhalb jeder Skala!

Gruß Stephan 

P.S.: Unfassbar, mein nicht armer Wortschatz reicht nicht um diesen Schatz zu beschreiben. Ich vermute das ich noch Jahre brauche um das Album halbwegs begreifen zu können.

Kommentare

  1. nach fast 3 Jahren bin ich noch begeistert, von daher vollste Zustimmung 10/10.Gar bestes Album von denen.

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