Fast vergessener Kultklopper - Oni (2001)

Bungie im Jahr 2001. Alles steht im Zeichen des Masterchiefs. Nach der Übernahme durch den Tech-Riesen Microsoft konzentriert sich der Entwickler mit voller Kraft auf sein Vorzeigeprojekt, den späteren Welterfolg "Halo". Doch steht da noch ein weiterer Titel in den Startlöchern, der von Tochterfirma Bungie West entwickelt und für PC und Mac veröffentlicht wird. Oni. Es sollte Bungie Wests einziger Titel bleiben, auch aufgrund der erwähnten Übernahme und Fokussierung auf das beginnende Halo-Franchise. Die Konsolenportierung für die Playstation 2 übernimmt Rockstar Games. Oni gilt trotz gemischter Bewertungen als hochinteressante Konzeptstudie fernöstlicher Kampfkultur in hypertechnisierten Architekturen. Im eleganten Anime-Stil werden hier Elemente des 3rd-person-Shooter Genres mit rasanten Nahkampfchoreografien verknüpft. Das prägnante Artdesign wurde maßgeblich durch die erfolgreiche Manga-Serie Ghost in the Shell beeinflusst.
Die Rahmenhandlung spielt rund um das Jahr 2032, eine düster-technoide Überzeichnung verkommmener Umstände. Die vermüllte Fratze der Dystopie spiegelt sich in den regennassen Strassenschluchten des schlingernden Erdballs. Die Welt ächzt unter endloser Verschmutzung. Bewohnbarer Lebensraum ist ersehntes Luxusgut inmitten massiv verseuchter Regionen. Die Mehrheit der ohnmächtigen Bevölkerung wird über das Ausmaß der Katastrophen in tiefer Unklarheit gelassen. Die dafür verantworliche, totalitäre Weltregierung, ein Bündnis sämtlicher Völker, reagiert mit Fehlinformationen und Unterdrückung auf die bedrohliche Lage. Oppositionelle Stimmen werden durch die Technological Crimes Task Force (TCTF) strikt zum Schweigen gebracht. Der Spieler übernimmt die Rolle von Mai Hasegawa, Codename Konoko, Mitglied eben dieser Spezialkräfte. Als sie eines Tages entdeckt, dass ihr wichtige Informationen über ihre Vergangenheit und familiäre Strukturen verschwiegen wurden, verlässt sie das TCTF und taucht in die mentalen Tiefen der Selbstfindung ein. Nach und nach entlockt der Spieler dem Handlungspool mehr Detailstufen über ihre wahre Herkunft und Familie, während sie zwischen die Fronten des erbitterten Kampfs zwischen dem TCTF und dessen hochkriminellen Erzfeinden, dem Syndikat gerät. Das Syndikat hat Böses mit den verbliebenen, unberührten Wohnflächen vor und so entwickelt sich Konoko vom einfachen Befehlsnehmer hin zur heroischen Weltenretterin. Auf der brachialen Reise dorthin erkundet man gräulich-sterile Flughafenterminals, stickige Lagerkomplexe und hypermoderne Glasbetonpaläste und schickt die Feindscharen mit opulenten Drehkicks sowie einem umfangreichen Waffenarsenal auf die virtuellen Bretter. Die teils kritisierte Monotonie und Leere der Levelpassagen mit immergleicher Industriemattheit und Fabrikfeeling teile ich so nicht, sie bieten vielmehr die nüchterne Bühne für knallharte Duelle mit Style und Dynamik. Rätseleinlagen sind auf das Simpelste beschränkt, was auch gut für diese Art Spielform ist, da schnell und unkompliziert präsentiert. Obwohl mit manchem Defizit behaftet, ist das ambitionierte Action-Adventure auch heute noch ein Geheimtipp für Fans von stilisierten Animethrillern.

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