Betörend-surrender Einstieg - Fear Effect Sedna (2018)

Anfang des Jahrtausends im Stilstrudel hypermoderner Milleniumskonstrukte hatte die "Fear Effect" Serie ihren kurz knackigen Höhepunkt auf der ersten Playstation. Ganz im Geiste der damals erst recht hochpopulären Resident Evil Reihe wurde mit Fear Effect eine weitere, kreativ wie technisch höchst beeindruckende Version des bewährten Third-Person Survival Konzepts geschaffen. Durch ein neuartiges Streaming-Verfahren wurden bis dato vorgerendert starre Levelhintergrundkulissen durch animierte Vielfalt ersetzt, der zu der Zeit bahnbrechend hippe Cel-Shading Look implementiert und das Überlebensbarometer der Spielfiguren um den "Fear"Faktor erweitert, der erlittenen Schaden in einer sich rot verfärbenden Adrenalinanzeige darstellt und somit vom bewährten Konzept des simplen Lebensbalken abweicht. Die stylisch-technoide Grundatmosphäre mit fließend inszenierten Übergängen vom Spielgeschehen in storytreibende Zwischensequenzen erhöhten zudem die Immersion. Als Hauptprotagonist und Aushängeschild der späteren Kultspiele fungiert - trotz mehrerer spielbarer Charaktere - die ungestüme Söldnerin Hana Tsu Vachel, welche im futuristisch pulsierenden Hong Kong im nebulös schattierten Triadengeflecht die unglaublichsten Abenteuer durchlebt, dabei verzwickte Mysterien löst und sich artistisch in bleihaltige Schusswechsel stürzt. Nach dem Erfolg der ersten beiden Spiele wurde ein dritter Serienteil für die Playstation 2 - obgleich schon in weit fortgeschrittener Entwicklung - aufgrund firmeninterner Umstruktrierungen seitens des Publishers Eidos eingestampft.

Das französische Entwicklungsstudio Sushee führte die Reihe 2018 nach erfolgreicher Kickstarter-Kampagne auf PC und Konsolen schlussendlich fort, tauschte jedoch das Geschehen aus der dritten Person gegen eine isometrische Echtzeit-Spielperspektive ein. Auch eine taktische Pausenfunktion, um weiteres Vorgehen in den eng strukturierten Levelkomplexen zu planen, wurde als frisches Element eingesetzt. Die knallharte Söldnertruppe um Hana verschlägt es diesmal von schattig sterilen Lagerhallen Hong Kongs über das schillernd nächtliche Paris hin ins eisig verhauchte Grönland, wo das Mysterium der Inuit eine tragende Rolle spielt. Die einzelnen, mit teils kühl-brillierenden Electrofragmentierungen im Soundbild präsentierten Levelbauten zeichnet ein gewisser Abwechslungsreichtum aus: Mal agiert die Spielfigur als Bedienung getarnt im elegant ausstaffierten Pariser Galadiner, um für die Mission notwendige Informationen von den Gästen mitzubekommen, mal muss der Spieler in einem Museum einen Feueralarm auslösen, um in Ruhe weitere Informationsgewinne zu erhalten, ein anderes Mal dann schleicht man in Stealth-Manier durch eine geschmackvoll texturierte Luxusvilla oder durchsucht sein eigenes Apartment nach Einbruchsspuren.

Die serientypisch platzierten Rätselpassagen gestalten sich bisweilen als sehr knifflig, beziehen öfters jedoch clever die jeweilige Umgebung mit ein. So auch gleich im ersten Spielabschnitt, dem Hong Kong Level, dem dieser Blogartikel primär gewidmet ist:

Dieser Einstiegsbereich in einer nocturnalen Hallenarchitektur mit vielen Sicherheitstüren und lang gezogenen Gängen ist durchsetzt mit Erklärungen über die grundsätztlichen Spielmechaniken. Doch weist das nur vornehmlich präsente Tutorial gen Ende mit der Entschärfung einer Bombe und deren Codelösung (auf vereinzelten Bildern im gesamten Lagerbereich akzentuiert an den Wänden verteilt) eine zugleich stetig fordernde Herausforderung auf. Die Grundstimmung der Anlage strahlt ein hypnotisch aseptisches Monotoniegefüge aus und unterstreicht dies mit der besten Soundkulisse des Spiels. Das Grundgerüst der melodischen Inszenierung bot hier der original Fear Effect OST. Zu perlend weichen Synthklängen samt gedämpft sphärischen Chören gelingt eine akustisch wunderbare Untermalung einer düsteren Szenerie und macht Lust auf das Folgende, das zwar seine Macken und Tücken nicht verbergen kann, doch ein sehr originelles Werk und quasi Zeitdokument ist, das an längst vergangene Softwarezeiten erinnert.

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